Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine wirken sich massiv auf die Arbeit der Tafeln im Wetteraukreis aus. Viele Tafeln beklagen, dass die Liefermengen und Spenden rückläufig seien, während sich gleichzeitig stetig neue Kunden anmelden. Um sich über die aktuelle Lage genauer zu informieren und mit den Ehrenamtlichen ins Gespräch zu kommen, besuchten die SPD-Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik und die SPD-Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl die Ausgabestelle der Tafel in Nidda. Die beiden Politikerinnen kamen allerdings nicht mit leeren Händen: Sie hatten drei große Kisten als Spende dabei, gepackt mit haltbaren Lebensmitteln, Hygieneartikeln und weiteren Dingen des alltäglichen Bedarfs.
„Sie kommen genau zur richtigen Zeit!“, begrüßten Karlheinz Naumann, Brigitte Spengler, Regina und Klaus Berting vom Tafel Nidda e.V. die beiden Besucherinnen sichtlich erfreut über die Spende. Denn auch bei der Tafel in Nidda ist die Lage angespannt. Karlheinz Naumann berichtet von 222 Erwachsenen und 124 Kindern, die aktuell durch das Angebot der Tafel in Nidda versorgt werden. Hinzu kommen aufgrund des Krieges 80 Geflüchtete aus der Ukraine. „Wir konnten bislang immer irgendwie alle Kunden versorgen, doch auch unser Kontigent ist endlich“, beschreibt Regina Berting die aktuelle Situation. Dabei könne man vor Ort mit einem Kreis von 70 Ehrenamtlichen deutlich mehr stemmen, doch derzeit fehle dafür die notwendige Ware.
„Die Herausforderungen bei den Tafeln sind enorm. Das ist uns in der Bundespolitik auch bewusst. Die Bundesregierung unterstützt mithilfe verschiedener Projekte die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen. Unter anderem wird eine Eco-Plattform gefördert, die die Kommunikation zwischen den Tafeln und den Unternehmen, die Lebensmittel spenden möchten, verbessert. Sie soll die Spendenbereitschaft erhöhen. Wir vereinfachen somit den Unternehmen die Lebensmittelspende und erhöhen gleichzeitig die dringend benötigte Ware für die Tafeln. Täglich werden viele Lebensmittel weggeworfen, obwohl sie noch lange nicht schlecht sind. Wir wollen noch stärker gegen Lebensmittelverschwendung vorgehen und sorgen dafür, dass die Lebensmittel bei denjenigen ankommen, die sie dringend benötigen“, berichtet die SPD-Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie für Ernährung und Landwirtschaft.
„Eine Sondersituation wie wir sie momentan haben, erfordert eine schnelle Lösung, damit die Tafeln, die sich mit weniger Spenden und mehr hilfesuchenden Menschen konfrontiert sehen, zumindest handlungsfähig bleiben“, unterstreicht die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Lisa Gnadl. „Während der Pandemie unterstützte das Land Hessen die Tafeln mit 1,25 Millionen Euro zur Begleichung laufender Kosten. Angesichts der aktuellen Situation darf Schwarz-Grün nicht länger warten. Die Tafeln brauchen jetzt Geld zur Überbrückung der schwierigen Situation. Das ist ein Gebot der Stunde“, fordert Gnadl.
Neben der aktuellen Situation war auch die Armutssituation ein Thema des Gesprächs. Auffällig sei, dass sich Armut in Familien häufig generationsübergreifend übertrage. „Wir haben jahrelange Kunden, deren Kinder, die mittlerweile erwachsen sind, auch zu uns kommen“, stellen die Organisatoren der Tafel in Nidda fest. Das sei aber kein einzelnes Phänomen, sondern sehr häufig in vielen Teilen der Gesellschaft zu beobachten. „Wir haben, was Armut betrifft, ein strukturelles Problem. Wenn immer mehr Menschen bedürftig werden und auf Lebensmittel der Tafeln angewiesen sind, dann stimmt etwas nicht mehr in unserem Sozialstaat. Wir müssen uns grundsätzlich Gedanken machen, wie wir dafür sorgen, dass Menschen, die an der Armutsgrenze leben, Lebensmittel und andere Dinge des Lebens bezahlen können. Armut muss ganzheitlich und auf allen politischen Ebenen bekämpft werden“, stellt die Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl fest. „Besonders wichtig ist es, dass wir die Armutsspirale durchbrechen. Mit kommunalen Präventionsketten gegen Kinderarmut und guter Bildung müssen wir auf Landesebene dafür sorgen, dass nicht mehr die soziale Herkunft über den Bildungserfolg von Kindern entscheidet.“, so Gnadl weiter.
„Die Ampel-Koalition hat sich im Kampf gegen Armut viel vorgenommen und wir setzen auch einiges um. Neben den beiden Paketen zur Entlastung der Menschen aufgrund der steigenden Kosten für Lebensmittel und Energie, haben wir auch einen Sofortzuschlag für Kinder und Jugendliche sowie die Reform des BAföGs im Bundestag auf den Weg gebracht. Nach der Einführung der Grundrente wollen wir mit dem Gesetz zur Rentenanpassung noch mehr gegen Altersarmut tun. Das Bürgergeld und die Kindergrundsicherung gehören ebenfalls zu den großen Vorhaben an deren Umsetzung wir derzeit arbeiten “, pflichtet die direkt gewählte Wetterauer Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik dem bei. „Besonders dramatisch ist es, wenn Menschen trotz Arbeit in Armut leben müssen. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir als SPD unser Versprechen einlösen und der 12 Euro-Mindestlohn ab dem 01.Oktober 2022 kommt“, so Pawlik.
„Es ist bewegend, mit wie viel Leidenschaft sich die Helferinnen und Helfer hier vor Ort bei der Tafel in Nidda engagieren. Sie haben unsere Anerkennung und unseren Respekt verdient. Im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir weiter versuchen, sie zu unterstützen“, resümieren Pawlik und Gnadl.
„Wir sind dankbar für den Besuch und den wirklich guten Austausch. Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass trotz der angespannten Lage alle Kundinnen und Kunden versorgt werden“, verspricht Karlheinz Naumann abschließend. Die nächste Ausgabe, die immer im Zweiwochenturnus stattfindet, wird bereits vorbereitet.
Information: Wer die Arbeit der Tafel in Nidda unterstützen möchte, kann dies per Mitgliedschaft im Verein, durch eine Geldspende oder nach Rücksprache auch durch eine Lebensmittelspende tun. Mehr dazu unter niddaer-tafel.de/unterstuetzer-werden.