Die direkt gewählte Wetterauer Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik (SPD) besuchte kürzlich den Verein Haus Atemzeit e.V. in Wölfersheim und konnte im persönlichen Gespräch mit der 2. Vorstandsvorsitzenden Nina Jäger und der Einrichtungsleiterin Elzbieta Gette einen Einblick in die umfangreiche Arbeit des Vereins und der Einrichtung erhalten.
Das Haus des Atemzeit e.V. ist in einem idyllisch gelegenen Mehrfamilienhaus in Wölfersheim–Wohnbach zu finden, angrenzend an die Kita Pusteblume. Dass dieses Mehrfamilienhaus eigentlich eine Intensivpflegeeinrichtung für schwerkranke Kinder und Jugendliche ist, das wird auf den ersten Blick nicht deutlich. Doch genau diese ruhige und familiäre Umgebung ist auch gewollt.
Die intensivmedizinische Versorgung in Atemzeit, findet durch die PflegeNest Intensivpflege für Kinder & Jugendliche GmbH statt. Ansässig ist das Unternehmen unter der Leitung von Anett Wiese in Gießen. Im Haus Atemzeit werden schwerkranke Kinder, die intensivmedizinische Versorgung benötigen, beatmet werden oder von einer Beatmung bedroht sind nach der Geburt und nach dem Klinikaufenthalt, teilweise gemeinsam mit ihren Familien, aufgenommen. In häuslicher Atmosphäre sorgen die ausgebildeten Pflegekräfte, mit Unterstützung von Therapeuten und Pädagogen, für eine ganzheitliche Betreuung rund um die Uhr. Das Haus Atemzeit schließt die Versorgungslücke zwischen Kinderklinik und dem Zuhause der Kinder. Das Team besteht derzeit aus 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die kleinen Patienten kommen aus einem Einzugsgebiet von Kassel bis Aschaffenburg und Groß-Gerau. Das Haus bietet Platz für sechs Familien gleichzeitig. In diesem Jahr waren es bis Ende Oktober bereits 25 Familien, die betreut wurden. Die Betreuungszeit ist dabei sehr individuell und kann von wenigen Wochen bis zu 1,5 Jahren andauern.
„Bei uns geht es nicht nur um Pflege. Wir verstehen unsere Arbeit als gesamtgesellschaftlichen Auftrag“, erklärt Nina Jäger. „Wir sorgen für die Integration von Familien mit schwerkranken Kindern in die Gesellschaft. Deswegen treffen uns die aktuellen Krisen hart. Wir waschen bis zu sechs Mal täglich Wäsche, unsere medizinischen Geräte brauchen entsprechende Energieversorgung und unsere kleinen Patientinnen und Patienten können wir natürlich nicht in kalten Zimmern unterbringen. Diese Situation bereitet uns einige Sorgen. Trotzdem versuchen wir positiv nach vorne zu blicken, denn es gibt auch einige Projekte, die wir umsetzen wollen. Im nächsten Jahr möchten wir beispielsweise unseren Garten barrierefrei ausbauen. In unserer Arbeit sind wir stark auf Einnahmen und Spenden angewiesen und daher auch immer auf der Suche nach neuen Kooperationspartnern.“
„Unsere Arbeit geht weit über die reine Betreuung hier vor Ort hinaus. Eltern, deren Kind unvorhersehbar schwerkrank geboren wurde, benötigen die Möglichkeit zur Trauerarbeit. Sie müssen lernen und akzeptieren, dass das Familienleben nicht so laufen wird, wie sie es über die gesamte Schwangerschaft hinweg geplant haben. Bei uns können sich Familien zurückziehen und diesen Prozess durchmachen, während ihr Kind rund um die Uhr betreut ist. Die Eltern unserer Patienten lernen bei uns, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu lesen. Zudem herrscht ein reger Austausch zwischen den Familien, sodass auch von den Erfahrungen anderer Eltern Schlüsse für die eigene Situation gezogen werden können. Wenn unsere Patienten nach Hause entlassen werden, dann oftmals so, dass die Familien keinen externen Pflegedienst mehr benötigen. Darauf sind wir sehr stolz“, führt Elzbieta Gette weiter aus.
„ Die häusliche Umgebung und das liebevolle Personal sind hier wirklich beeindruckend. Wenn man das Haus von außen sieht und die Räumlichkeiten auf beiden Etagen kennenlernt, hat man überhaupt nicht den Eindruck, man wäre in einer Intensivpflegeeinrichtung. Hier wird mit viel Empathie und Fürsorge auf die Bedürfnisse der Familien, die sich in einer schweren Phase befinden, eingegangen. Das Haus Atemzeit ist ein einzigartiges Modellprojekt in unserer Region und ich bin froh und dankbar für die wertvolle Arbeit des Vereins. Die persönlichen Schicksale berühren mich sehr und machen deutlich, wie wichtig die funktionierende Versorgung schwerkranker Kinder und ihrer Angehörigen auch nach dem Krankenhausaufenthalt ist. Vor allem mit Blick auf die aktuelle Lage ist klar, dass wir für noch mehr zielgerichtete Unterstützung der Einrichtungen sorgen müssen, die so relevant für die Gesellschaft sind“, so Pawlik abschließend.