„Die duale Ausbildung ist das Fundament der starken deutschen Wirtschaft“ – Pawlik lud zur Fraktion vor Ort ein

v.l.n.r.: Andreas Knoll, Natalie Pawlik, Matthias Körner, Jessica Rosenthal, Tom Katzer

Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik und Jessica Rosenthal (beide SPD) diskutieren im Haus der Begegnung mit Fachpublikum und Bürgerinnen und Bürgern


Die Wetterauer Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik und ihre Bonner Kollegin Jessica Rosenthal (beide SPD) veranstalteten gemeinsam eine Diskussionsrunde aus der Reihe ‚Fraktion vor Ort‘ der SPD Bundestagsfraktion zum Thema ‚Fachkräfte sichern – Duale Ausbildung stärken‘ im Haus der Begegnung in Bad Vilbel. Auf dem Podium vertreten waren auch der DGB-Geschäftsführer der Region Mittelhessen Matthias Körner, Schreinermeister Andreas Knoll aus Wölfersheim sowie der Auszubildende im dritten Lehrjahr Tom Katzer. Passender hätte der Termin nicht gewählt sein können, denn zuvor verabschiedete der Bundestag in dritter Lesung das Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung, das unter anderem eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen enthält. Die duale Ausbildung und Qualifizierungen während des Erwerbslebens seien wichtige Bausteine zur Fachkräftesicherung in Deutschland, wie die beiden Bundestagsabgeordneten im Laufe der Diskussion betonten.


„Wir spüren den Fachkräftemangel deutlich in unserem Alltag, wenn wir einen Handwerker brauchen, wenn die Bahn ausfällt, weil kein Personal da ist, oder Familien nach einem Kita-Platz suchen. In vielen Bereichen fehlen Fach- und Arbeitskräfte, die dringend benötigt werden. Dieser Herausforderung müssen wir mit verschiedenen Maßnahmen begegnen. Besonders besorgniserregend ist die hohe Zahl an jungen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Wir können es uns nicht leisten, auf einen einzelnen von ihnen zu verzichten! Die duale Ausbildung ist das Fundament unserer starken Wirtschaft. Damit sich mehr junge Menschen für eine duale Berufsausbildung entscheiden, müssen sich die Rahmenbedingungen verbessern. Auf diesen Weg haben wir uns mit dem Aus- und Weiterbildungsgesetz begeben“, eröffnete die Wetterauer Abgeordnete Natalie Pawlik die Veranstaltung.


In einem Video hatte Pawlik, die im Bundestag im Ausschuss für Arbeit und Soziales tätig ist, die Kennzahlen des Fachkräftebedarfs und die inländischen Potenziale aufbereitet. Der ungedeckte Bedarf an Fachkräften ist in fast allen Branchen schon heute spürbar. Im Wetteraukreis seien demnach 9% der Stellen unbesetzt. Zusätzlich, so schätzt die Bundesagentur für Arbeit, müssen aufgrund des demografischen Wandels in Deutschland bis 2035 voraussichtlich bis zu sieben Millionen Fachkräfte ersetzt werden, die in Rente gehen. Aktuell seien 2,6 Millionen Menschen unter 35 Jahren ohne Berufsausbildung und jeder zehnte Jugendliche zwischen 20 und 24 Jahren ohne Beschäftigung. Gleichzeitig bleiben dennoch jedes Jahr zehntausende Stellen unbesetzt.


Es seien große Anstrengungen nötig um diesem Problem zu begegnen. Dafür müssen alle Potenziale genutzt werden, so die Bonner Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal, die vor ihrem Einzug in den Bundestag als Lehrerin arbeitete. „Die Berufsorientierung an deutschen Schulen muss endlich standardisiert und in allen Schulformen umgesetzt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollten mehr Möglichkeiten haben Praktika zu absolvieren, damit sie mit möglichen Ausbildungsberufen in Berührung kommen. Außerdem müssen mehr Angebote geschaffen werden, damit Ausbildungsbetriebe und Ausbildungssuchende besser zusammenfinden“, betonte Rosenthal, die auch Bundesvorsitzende der Jusos, Jugendorganisation der SPD, ist. Diesen zusätzlichen Aufwand dürfe man allerdings nicht alleine auf die Lehrkräfte und die Schulen schieben, hier seien mehrere Träger und Akteure gefragt. Unterstrichen wurde dies auch von vielen Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen Schulen in der Wetterau, die ihre späteren Berufswünsche und ihre Wünsche für mehr Berufsorientierung zuvor per Video an Pawlik eingesendet hatten.


Schreinermeister Andreas Knoll berichtete auf dem Podium von seinen Erfolgen bei der Suche nach Auszubildenden. „Bisher konnten wir in jedem Jahr unsere Azubistelle besetzen. Zuletzt wurde die Bewerberlage allerdings dünner. Deshalb haben wir beschlossen, neue Wege bei der Azubi-Suche zu gehen und beispielsweise die Sozialen Medien zu nutzen. Plötzlich hatten wir 27 Bewerbungen auf eine Stelle“, so Knoll. Man könne als Betrieb nicht mehr auf Bewerbungen warten, sondern müsse dorthin gehen, wo die jungen Menschen sind. So wurde kürzlich in Knolls Schreinerei in Kooperation mit der Henry-Benrath Schule ein Filmprojekt gedreht, das den Weg einer Schülerin zu einer Ausbildungsstelle nachzeichnet.


Tom Katzer erzählte von seinem Weg in die Ausbildung. Er hatte sich nach dem Abitur für ein Studium entschieden, jedoch schnell gemerkt, dass dies nicht der richtige Weg für ihn sei. Nach verschiedenen Überlegungen wurde er auf ein Praktikum als Schreiner aufmerksam gemacht, für das er vorstellig wurde. Im selben Betrieb, bei Andreas Knoll, begann er anschließend seine Ausbildung. 


Matthias Körner, gelernter Maschinenschlosser und heute Geschäftsführer des DGB Mittelhessen, betonte, dass sich die Bedingungen für Azubis verbessern müssen. „Zum Glück gibt es seit 2020 eine Mindestausbildungsvergütung, die inzwischen bei 620€ liegt und eine Untergrenze definiert. Dennoch sind Auszubildende damit weit weg von einem selbstständigen Leben, weil sie von ihrem Gehalt keine eigene Wohnung finanzieren könne. Bisher gibt es in Hessen keine Azubiwerke, die günstigen Wohnraum für Auszubildende herstellen, stattdessen werden Ausbildungsgänge an Berufsschulen zentralisiert, wenn zu wenige Bewerber da sind. Im Ergebnis wird der Weg für die Azubis zur Berufsschule immer weiter und der Beruf unattraktiver. Azubiwerke könnten auch mit Informationen oder Beratungsangeboten bei einer erfolgreichen Ausbildung unterstützen“, unterstrich er die gewerkschaftlichen Forderungen für Auszubildende.


„Ausbildungsstellen sind in Deutschland regional ungleich verteilt. Mit der Ausbildungsgarantie haben Ausbildungswillige einen Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung, wenn sie in ihrer Region keine Stelle finden. Damit stärken wir die Perspektiven von jungen Menschen vor Ort. Außerdem erhalten Azubis, die außerhalb ihrer Heimatregion eine Ausbildung machen, einen Mobilitätszuschuss, der es ihnen im ersten Lehrjahr ermöglicht zwei Mal im Monat nach Hause zu ihrer Familie zu fahren“, zeigt Rosenthal die Erfolge der SPD auf.


Es sei zudem wichtig, das Ansehen der betrieblichen Ausbildung zu verbessern, machte Pawlik klar. „Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertig – dafür müssen wir das gesellschaftliche Bewusstsein stärken, aber auch die Rahmenbedingungen für Auszubildende verbessern. Von Azubiwerken über Azubiwohnheime bis zu einer Förderung von Mobilität für Azubis analog eines Semestertickets. Azubis haben die gleiche Unterstützung in ihrem neuen Lebensabschnitt verdient wie Studierende. Dazu gehört auch, Schülerinnen und Schülern über die Karrierechancen aufzuklären, die sich mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung auftun. Denn eine erfolgreich absolvierte Berufsausbildung qualifiziert für ein breites Berufsbild. Die Berufsausbildung stellt den Beginn einer erfolgreichen Karriere dar“, betonte die Wetterauer Bundestagsabgeordnete.


Im Anschluss hatten die Bürger*innen die Möglichkeit Fragen zu stellen und mitzudiskutieren. Zum Ende der 90-minütigen Veranstaltung zogen die Bundestagsabgeordneten ein positives Fazit und versprachen, die Impulse und Anregungen mit nach Berlin zu nehmen.